Evangelium nach Lukas (20,27-38)
In allen Kulturen, zu allen Zeiten, gab es immer wieder Zeichen für den Glauben der Menschen an ein Weiterleben nach dem Tode. Längst vor der Zeit der Pharaonen in Ägypten war es üblich, den Gräbern der Verstorbenen Geschenke beizufügen, die für ein Leben nach dem Tode bestimmt waren. Auch die Zeichnungen der steinzeitlichen Höhlenmalerei weisen auf einen Glauben an das Weiterleben nach dem Tode hin. Woher kam und kommt diese Überzeugung? Aus einem tiefen Instinkt des Menschen, der sich nicht damit abfinden kann, einfach aufzuhören zu existieren? Ich will leben!
Auch im heutigen Evangelium geht es um die Frage nach einem Weiterleben nach dem Tod. Zur Zeit Jesu gab es in der Gesellschaft eine Gruppe aus den höheren Schichten, Sadduzäer genannt. Sie glaubten nicht an ein „Auferstehen“ nach dem Tod, denn nach ihrer Meinung steht davon nichts in den fünf Büchern von Mose. Eine andere Gruppe, die Pharisäer, glaubten an eine allgemeine Auferstehung der Toten am „Ende der Zeiten“. Auch Jesus glaubte daran. Nun wollen die Sadduzäer mit einem bewusst überzogenen Beispiel Jesus testen. In der Bibel steht: „Wenn zwei Brüder zusammen wohnen und der eine von ihnen stirbt und keinen Sohn hat, soll die Frau des Verstorbenen nicht die Frau eines fremden Mannes außerhalb der Familie werden. Ihr Schwager soll sich ihrer annehmen, sie heiraten und die Schwagerehe mit ihr vollziehen. Der erste Sohn, den sie gebiert, soll den Namen des verstorbenen Bruders weiterführen. So soll dessen Name in Israel nicht erlöschen.“ (Dtn 25,5-6) Gesetzt den Fall, dass das jetzt sieben Mal vorkommt. Sieben Mal wird die Frau verheiratet. Zu welchem Mann wird sie dann gehören, nach dem Tod? Das wird ja ein Chaos! Die Sadduzäer wollen den Glauben an eine Auferstehung ins lächerliche ziehen.
Es geht hier um zwei Fragen: 1. Gibt es eine Auferstehung? 2. Wie hat man sich ein Leben nach dem Tode vorzustellen? Und Jesus argumentiert: Wenn Gott sich als Gott der Väter (Abraham, Isaak, Jakob) offenbart, kann das nur heißen, dass Abraham, Isaak und Jakob für ihn noch leben. Gott ist ein Gott der Lebenden, nicht der Toten. Aber dieses Weiterleben nach dem Tod ist nicht einfach eine Weiterführung des jetzigen Lebens. Es geht um eine total andere Existenzweise, bei der verheiratet oder nicht verheiratet zu sein überhaupt keine Rolle mehr spielt. Wir werden verwandelt in eine neue Seinsweise, für die es im irdischen Leben keinen Vergleich gibt. Wir können also sagen: „Wie“ das Weiterleben nach dem Tod sein wird, wird von Jesus nicht beschrieben und auch sonst wird darüber nirgendwo in der Bibel etwas gesagt. Jesus bestätigt, dass es eine Auferstehung geben wird. Das Neuartige aber wird sein: diese Auferstehung kommt nicht am Ende der Zeiten, wie viele zu seiner Zeit glaubten, sondern sie beginnt mit Jesus selbst. Er wird von Gott zu einem neuen Leben auferweckt. Und Paulus wird dann später sagen: „Ist Christus nicht auferweckt worden, dann ist unser ganze Glaube leer und sinnlos.“ Wenn es keine Auferstehung gibt, wird es auch für uns kein Weiterleben geben.
Aber was wäre der Mensch, wenn er nicht mehr wäre als eine Eintagsfliege, die heute lebt und morgen stirbt? Wo keine Hoffnung auf ein Weiterleben besteht, wird das irdische Leben „zur letzten Gelegenheit“. Das kann dann dazu führen, dass der Mensch nur krampfhaft in dem Bemühen lebt, nur nichts zu verpassen und sich alles zu gönnen, was das Leben an Möglichkeiten bietet. Denn zum Schluss gibt es nur den Tod.
„Der Tod ist nicht das Ende, sondern der Beginn eines neuen Lebens“. Das ist unsere christliche Überzeugung auf Grund des Geschehens mit Jesus Christus. Durch unseren Glauben an die Auferstehung bekommt dieses Leben einen neuen, tieferen Sinn. Dieser Glaube gibt Kraft, unser jetziges Leben als wertvoll anzusehen, egal was passiert.
Ich habe einmal folgende Überlegungen gefunden: „Unser Leben wird nicht vernichtet, unser Leben wird verwandelt im Tod, wie das Weizenkorn sich im Absterben verwandelt in die Fülle seines Lebens, in die Ähre, oder wie die Raupe sich zum Schmetterling verwandelt. Ein Weizenkorn ahnt auch nicht, wie es einmal sein wird als Ähre. Und die Raupe in ihrer Hässlichkeit ahnt nicht, dass sie einmal Schmetterling sein wird. So ahnen auch wir nicht, was aus uns werden wird. Der Tod ist ein Qualitätssprung, den unsere kühnsten Hoffnungen und Phantasien nicht mitspringen können. Wenn das Ende unseres Lebens Auferstehung heißt und nicht Vernichtung, dann gehen wir dem Tod nicht entgegen, sondern dem Leben in seiner großen Fülle — wie das Weizenkorn.“ Eine Botschaft der Hoffnung die leben lässt.